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Donnerstag, 27. Juni 2013

Wird die Fotografie als Kunst zerstört

Beim letzten Mal habe ich mich mit der Frage beschäftigt, ob die ganze neue Technik die Fotografie zerstört. Wie ihr dort lesen konntet, bin ich aus diversen Gründen der Meinung, dass sie es nicht tut. Wenn nun also die Fotografie durch die ganzen neuen Technologien schon nicht komplett zerstört wird, wird dies vielleicht mit der Fotografie als Kunst geschafft? Machen all die vielen Automatiken, die ganzen Fotoapps und Presets und die grosse Fülle an ins Internet gestellten Bilder die Fotografie als Kunst kaputt? Kann mittlerweile einfach jeder zur Knipse greifen und „Kunst“ machen bzw. den Kunstbegriff im Bereich der Fotografie immer weiter verwässern?

Wenn man sich mit dieser Frage beschäftigt, muss man zunächst einmal den Begriff „Kunst“ definieren. Wann ist etwas Kunst? Und da fängt es ja schon an. Eine wirkliche allgemeingültige Definition gibt es nicht. Der Duden hat hierzu gar keine Meinung und wenn wir das allwissende Wikipedia bzw. den aussterbenden Brockhaus bemühen, finden wir folgendes:

Das Wort Kunst bezeichnet im weitesten Sinne jede entwickelte Tätigkeit, die auf Wissen, Übung, Wahrnehmung, Vorstellung und Intuition gegründet ist …... Im engeren Sinne werden damit Ergebnisse gezielter menschlicher Tätigkeit benannt, die nicht eindeutig durch Funktionen festgelegt sind. Kunst ist ein menschliches Kulturprodukt, das Ergebnis eines kreativen Prozesses.“(gemäss Wikipediaeintrag zum Begriff Kunst)

Da nun dieser Punkt geklärt ist, können wir nun den nächsten Schritt machen. Torpediert die ganze neue Technik und die aus dem Boden schiessenden Hobbyfotografen mit ihren zahllosen Bildern diese Defintion? Betrachten wir doch zunächst einmal das Hauptargument welches immer wieder gebracht wird, wenn es um die bedrohte Fotokunst geht: die Vielzahl an hochgeladenen Bildern. All die vielen, qualitativ schlechten Aufnahmen führen dazu, dass man die Fotografie immer weniger ernst nimmt und schon gar nicht mehr als Kunst akzeptiert. Aber ist das wirklich so? Gemäss obiger Definition wird Kunst nicht dadurch bestimmt, wie gross bzw. wie klein die Menge der Ergebnissen ist, die aus einem „künstlerischen Prozess“ heraus entstehen. Irgendwie auch logisch, denn sonst wäre die Malerei ja auch bedroht, denn es gibt doch auch hier eine Vielzahl von Hobbymalern, die nun wirklich nicht alle Kunst fabrizieren. Von den Tourimalern in den ganzen Urlaubshochburgen ganz zu schweigen. Die Menge kann also keine Gefahr sein. Und auch wenn diese ganzen Erzeugnisse im Gegensatz zur Hobbyfotografie nicht alle einer breiten Öffentlichkeit im Internet zugänglich sind, kann auch hier keine wirkliche Bedrohung vorliegen. Oder stand in der Definition etwas über die Art der Veröffentlichung?

Bleiben noch die ganzen Automatiken. Vollprogramme an der Kamera, Apps im Handy, Presets am Computer, All dies hochgelobte Zeug, dass es heute jedem ermöglicht, ohne grosses Wissen Bilder zu schiessen, die hinterher auch noch ganz ansehnlich sind. Gepriesen sei die Technik. Hah, und jetzt haben wir den Salat. Gemäss Definition ist nämlich Kunst das Ergebnis kreativen Denkens, welches auf Wissen basiert und zielgerichtet ist. Davon kann nun bei automatisierten Bildern definitiv nicht die Rede sein. Das schiefe Landschaftsbild, bei dem die Landschaftsvollautomatik die richtige Schärfe und Belichtung besorgt hat, das Freistellungswerkzeug alles begradigt und für den richtigen Ausschnitt sorgt und eines der vielen Presets eine wunderschöne Stimmung herbeizaubert, ohne dass der Erzeuger auch nur den Hauch einer Ahnung von Blende, Schärfentiefe und goldener Schnitt hat, ist nun ganz sicher nicht Ergebnis eines auf wissen basierenden, zielgerichteten, kreativen Prozesses.

Aber ist das wirklich so? Ein gewisses Wissen muss schliesslich vorhanden sein, denn sonst hätte der „Künstler“ weder die richtigen Knöpfe auf der Kamera gedrückt noch die passenden Einstellungen im Entwicklungswerkzeug durchgeführt bzw. durchführen lassen. Und auch wenn er selber nicht weiss, was da genau im Hintergrund passiert ist, hat er doch mit all seiner Kreativität so lange Regler in seiner Software verschoben und Presets ausprobiert, bis er ein Ergebnis hatte, welches ihm gefallen hat. Also doch ein künstlerischer Prozess? Zumindest in gewisser Art und Weise ein zielgerichtetes, kreatives Handeln.

Ich weiss, jetzt fange ich an, Haarspalterei zu betreiben. Ich könnte schon fast ein Anwalt sein. Die kennen sich mit Wortverdreherei bestens aus. Ich bin mir bewusst, dass man wohl bei solchen Bildern, genau wie den Geburtstagsschnappschüssen von Oma Elses 80sten, nicht wirklich von Kunst sprechen kann. Aber erstens kann man das bei einem Stück Fett in der Ecke meiner Meinung nach auch nicht wirklich tun und tut es dennoch. Zweitens geht es darum aber auch gar nicht. Es muss nicht alles, was auf einen Fotosensor gebannt wird, Kunst sein. Genau sowenig, wie jedes gemalte Bild, jede gehämmerte Steinskulptur oder jedes zusammengeschweisste Stahlgerüst. Es muss doch erlaubt sein, einfach nur Bilder zu machen. Einfach ohne grosses Wissen auf den Auslöser zu drücken, die Technik all den Rest machen zu lassen und sich am Ende über das Ergebnis zu freuen. Und nur weil es dann per Internet der breiten Öffentlichkeit präsentiert wird heisst das noch lange nicht, dass der „Schöpfer“ dies tut, weil er seine „Kreation“ für Kunst hält. Zur Kunst heben es im Prinzip erst all diejenigen, die darüber diskutieren, dass solche „Kunstwerke“ die Fotografie als Kunst immer mehr ad absurdum führen und Fotografie deswegen als Kunst immer weniger ernst genommen wird.

Wenn die Fotografie als Kunst bald nicht mehr existiert, dann eher, weil wir die Fotografie viel zu ernst nehmen. Es scheint fast so, dass all die „etablierten“ Fotografen, die Profis und Hobbyprofis Angst davor haben, irgendwann einmal ein Bild in die höchsten fotografischen Sphären zu loben, ohne zu merken dass dieses ohne jegliches Fotowissen per Smartphonekamera durch Apps gejagt erzeugt wurde? Aber warum? Was sollte daran beängstigend sein? Wenn dies je passieren sollte (und irgendwie bezweifle ich, dass dies passieren könnte) dann ist es eben so. Müssen wir das schönste Bild auf Erden verteufeln, verbannen und vernichten, nur weil es nicht im vollsten Fotowissen erzeugt wurde sondern durch Vollautomatiken und Softwarepresets?

Oder liegen die wahren Gründer dieser Diskussion gar noch viel tiefer? Fürchten all die Profis, all die Fotografen, die die Fotografie von der Pike auf gelernt oder sich zumindest sehr intensiv mit dem Thema und dem theoretischen Wissen auseinandergesetzt haben, irgendwann von irgendsoeinem dahergelaufenen Hobbyknipser überholt zu werden, der ohne grosses Wissen bessere Bilder macht. Sorry Leute, aber zunächst einmal bin ich erneut der Meinung, dass dies nicht passieren kann, sofern ihr tiefes und jahrelang erlerntes Wissen über die Fotografie habt. Aber selbst wenn es so wäre, bleibt doch einfach locker. Dann ist es eben so, dann macht der halt bessere Fotos. Statt jetzt schmollend auf dem Boden zu liegen könnte dies doch auch ein Ansporn sein, sich in seiner eigenen Fotografie weiterzuentwickeln und dem unwissenden Hobbyknipsern zu zeigen, was eine Harke ist.

Aber nein, viel lieber wird darüber diskutiert und gejammert, wie all diese neuen Technologien alles kaputt machen. Ja, ich habe letztens in einem Blogkommentar sogar von einem Fotografen gelesen, der keine Workshops mehr für Hobbyfotografen anbietet. Grund: Er züchtet sich doch nicht seine eigene Konkurrenz. Bitte schön? Sind wir jetzt schon so weit? Erstens haben doch viele mal klein als Hobbyfotograf angefangen und so mancher grosser Meister von heute war vielleicht froh, dass ihm am Anfang die Automatiken und Presets die ersten Schritte vereinfacht haben. Zweitens muss es in der Fotografie doch auch Platz geben für Leute, die einfach mal hier und da ein Bildchen machen und damit einfach Spass haben, ohne die Fotografie gleich zu einer Lebensaufgabe zu ernennen. Natürlich können wir auch weiterhin versuchen unser idyllisches Kleinod Fotografie gegen all die sinnlosen Bildveröffentlichungen und wissensfreien Fotografen zu verteidigen. Aber eines ist sicher. Wenn wir die Sache so sehen, zerstören wir die Fotografie am Ende doch noch. Aber nicht wegen all der Technik. Nein, wir schaffen das mal wieder ganz allein. Wenn wir nämlich so sehr Angst davor haben, dass es Fotografen gibt, die keine oder nur marginale Ahnung von Fotografie haben und dennoch besser sind als man selbst und deswegen mit allen Mitteln versuchen, diese klein zu halten, werden wir keine neuen Wege mehr gehen, werden wir keine neue Inspirationen mehr erhalten und wird sich die Fotografie irgendwann nicht mehr weiterentwickeln. Willkommen Langeweile, Auf Wiedersehen Fotografie, denn eines ist sicher: Stillstand ist der Tod. In diesem Fall wäre es dann der Tod der Fotografie.

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